Es gibt ein Recht auf Information!


Am 2. März 1977 unterstrich das Bundesverfassungsgericht die Bedeutung staatlicher Öf- fentlichkeitsarbeit: Sie muss die Bürgerinnen und Bürger über entscheidende Sachfragen umfassend informieren. Nur so kann jede Einzelne und jeder Einzelne die getroffenen Ent- scheidungen, Maßnahmen und Lösungsvorschläge richtig beurteilen, sie billigen oder ver- werfen (Bundesverfassungsgerichtsentscheidung 44, 125 (164)). (https://www.bundesregierung.de/breg-de/bundesregierung/bundespresseamt/recht-auf- information-460940)
Ich denke, dass besonders die Entscheidungsträger in Politik und Verwaltung ebenfalls von Informationen abhängig sind, um gute Entscheidungen treffen zu können. Verschiedene Perspektiven tragen dazu bei, komplexe Sachverhalte in ihrer Gesamtheit und Vielschichtig- keit beurteilen zu können.
An dieser Stelle möchte ich den Bogen zu der Situation des Waldkindergartens Waldzwerge e.V. spannen. Dieser hatte bisher nicht die Möglichkeit, seine Bedenken und die erwartbaren Auswirkungen zu dem Bau einer Sportstätte in seiner unmittelbaren Nähe zu benennen.
Im Januar 2019 haben die Verantwortlichen des Vereins Waldzwerge e.V. zum ersten Mal davon erfahren, dass der Standort „Fulder Landstraße“ in Betracht kommt. Der Verein hat umgehend Kontakt zu unserer Bürgermeisterin aufgenommen und auf die Lage des Kinder- gartens hingewiesen. Uns wurde damals geantwortet, dass verschiedene Gründe gegen den Standort sprechen und dass wir zu weiteren Detailplanungen informiert werden.
Es wurde dann der Umbau des Eckernworth-Stadions favorisiert und in der Öffentlichkeit diskutiert. Der Ausschuss für Bürgerdienste beschäftigt sich in verschiedenen Sitzungen mit dem Thema (Stichwort: Machbarkeitsstudie). Alles öffentlich und nachvollziehbar. Bis zum 30.9. Hier wurde der Tagesordnungspunkt, der mit der Sanierung des Eckernworth- Sportplatzes zu tun hat, überraschend während des öffentlichen Teils nicht mehr behandelt. Es wurde auf einen Beschluss im nichtöffentlichen Teil verwiesen, in dem Mittel für den Bau einer neuen Sportstätte zur Verfügung gestellt werden. Statt die Öffentlichkeit darüber zu informieren, dass eine gemeinsame Nutzung des Eckernworth-Stadions durch die Fußball- vereine nicht mehr in Betracht kommt und dass die „Fulder Landstraße“ als Standort mit ei- nem Neubau favorisiert wird, wurde in der Ratssitzung am 6.10 wiederum im nichtöffentli- chen Teil das Thema Neubau „Fulder Landstraße“ behandelt.
Was hat die Verantwortlichen dazu veranlasst, einen solchen Beschluss hinter geschlosse- nen Türen zu fassen und die Öffentlichkeit nicht in den Entscheidungsprozess einzubezie- hen? Warum wurde insbesondere der Waldkindergarten, der unmittelbar von dem Bau be- troffen ist nicht konsultiert. Es mag gute Gründe für den Bau an der „Fulder Landstraße“ ge- ben; der Öffentlichkeit sind diese nicht bekannt.
Und dass darf meiner Meinung nach nicht sein! Das ist mit meinem Demokratieverständnis nicht vereinbar! Ein Neubau und der Standort einer Sportstätte sind von „öffentlichem Inte- resse!“ Die Festlegung dieses Standortes wird auf Jahrzehnte hinaus eine Bedeutung für die Bürger der Stadt Walsrode haben. Insbesondere für die Waldzwerge Walsrode, denen die Möglichkeit verwehrt wurde ihre Vorstellungen in den Entscheidungsprozess einzubringen. Es wurde die Chance verpasst, mit den Beteiligten in den Dialog zu gehen. Auch wenn die- ser eine Entscheidung hinauszögert, das Ergebnis wäre durchschaubarer und nachvollzieh- barer. Am Ende des Findungsprozesses steht dann ein Ergebnis, dass eher von der Allge- meinheit akzeptiert wird und in der Phase der Umsetzung wiederum Zeit einspart.
Und deswegen ist es umso wichtiger, insbesondere die Stimmen derjenigen zu beachten, die konkret betroffen sind und denen es angeblich an mangelnder Objektivität fehlt. Denn die Betroffenheit von Einzelnen ist der Auslöser für Veränderungsprozesse. Wenn sich Greta Thunberg nicht betroffen gefühlt hätte, würde es heute die Bewegung „Fridays for Future“ nicht geben. Vielleicht wäre unsere Gesellschaft heute ein Stück weit gerechter und weiter

entwickelt, wenn die Einwände und Argumente der betroffenen Personen nicht als “imma- nentes Problem“ abgetan werden. Denn genau mit dieser Haltung werden ihre Argumente geschmälert und nicht ernst genommen. Diese Haltung führt zu einem Klima, in dem es enorm viel Kraft kostet, aufzustehen und auf seine Problemlage aufmerksam zu machen.
Es geht in dieser Angelegenheit nicht um die Errichtung einer Sportstätte auf irgendeinem Acker am Rande von Walsrode, sondern um den Grundgedanken einer demokratischen Ent- scheidungsfindung an der alle Betroffenen rechtzeitig beteiligt werden. Es liegt in unser aller Verantwortung, die Demokratie nicht zu einem „grauen Acker“ verkommen zu lassen. Unsere Demokratie sollte bunt und vielfältig blühen, in der die wichtige Stimmen von einzelnen We- nigen gehört und in Entscheidungsprozesse einbezogen werden. Denn ihre wichtige Stimme lähmt nicht unsere Gesellschaft, sondern entwickelt sie erst weiter.

Thorsten Sauer aus Hünzingen, Vater zweier Waldzwerge